wieder einmal.

Hab mich entschlossen, mal wieder zu schreiben. Der Grund, dass ich hier schreibe, und nicht, wie eigentlich geplant, diese dämliche Kurzgeschichte ist der, dass ich im prokrastinieren schon immer einsame Spitze war.
Prokrastinieren scheint zwar ein Modewort zu sein, aber ich mag es: Usestüüdele auf Schweizerdeutsch, aufschieben, quasi das Gegenteil von «was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen». Damit wären wir auch schon bei meinem absoluten Hass-Sprichwort. Das blödeste aller blöden Sprichwörter.

Jedenfalls hab ich noch keinen getroffen, der die Kunst der Prokrastination besser beherrscht als ich, obwohl ich sicher bin, dass es noch einige Meister gibt in der grossen weiten Welt.

Dass ich überhaupt schreibe, ist eigentlich kein gutes Zeichen. In der Vergangenheit hab ich immer nur dann geschrieben, wenn ich dringend meine Gedanken ordnen musste und das innerhalb des Kopfes nicht mehr ging. Dementsprechend habe ich, soweit ich weiss, noch nie etwas fröhliches geschrieben. Das kann ich einfach nicht. Jedes Mal, wenn ein Text eine annähernd fröhliche Richtung einschlug, habe ich dem sofort mit einer Extraladung Ironie entgegengesteuert. Damit habe ich so manchen Lehrer verunsichert. «Laura, kann ich dich mal kurz sprechen?» Vielleicht habe ich es unbewusst darauf angelegt – ich weiss es nicht.
Entweder besorgniserregend düster oder relativ neutral, aber so richtig positiv – scheint nicht zu funktionieren. Dafür scheine ich das Talent zu besitzen, Leute zum lachen zu bringen, wenn ich eigentlich gerade ernst bin. So passiert bei verschiedenen Leuten, die meine SVA in die Hände bekamen.

Unterdessen habe ich bereits vergessen, was ich hier eigentlich schreiben wollte. Vielleicht wollte ich nur sicherstellen, dass meine Finger die Tasten noch treffen.

Prokrastinieren. Vielleicht – nein, eigentlich ziemlich sicher – hat diese ganze Aufschieb-Geschichte mit Angst zu tun. Angst, dass man das, was man tun sollte, nicht kann. Eine Angst die mich – und sicher viele andere – das ganze Leben schon begleitet. Weil Leute mir nichts beibringen. Weil ich sie gar nicht nahe genug heran lasse, dass sie mir überhaupt etwas beibringen könnten. Weil ich nicht frage, niemals. Jedenfalls bis vor ein paar Jahren. Unterdessen habe ich gelernt zu fragen, weil ich nicht immer die sein will, die gefragt wird – ich bin nicht allwissend, das muss ich meine Mitmenschen immer wieder merken lassen. Ich bin kein Lexikon. Aber ich kann Google gut bedienen, mit den richtigen Suchbegriffen füttern – das scheint einigen Leuten Schwierigkeiten zu bereiten. Es bereitet mir ein schlechtes Gewissen, wenn Leute denken ich sei schlau und (Zitat) «wisse alles». Das stimmt einfach nicht und ich komme mir jedes Mal wie ein Lügner vor, obwohl ich ja nie behaupte, ich sei schlau. Ich fühle mich als Lügner wegen etwas, das andere von sich aus annehmen – auch irgendwie blöd.
Madame schweift schon wieder ab. Bei der Angst war ich. Die Angst, zu versagen, ist das menschlichste überhaupt. Als unsere Vorfahren noch mit Lanzen uns Steinen auf die Jagd gingen um die Sippe zu ernähren, ging es um Leben und Tod. Irgendwie haben wir diese Angst nie verloren. Die meisten von uns haben solche Angst, irgendwas falsches zu tun, dass sie lieber gar nichts machen.

Ich meine… was kann schon passieren?
Vor ein paar Tagen geschrieben. Und ich geb mir wirklich Mühe, so zu denken. Man stelle sich all die tollen Dinge vor, die man verpasst, weil man Angst hat, es könne IRGENDWAS passieren. Es kann jederzeit alles passieren, auch wenn man gar nichts tut. Man kann jederzeit auf dem Trottoir von einem Auto überfahren werden, also kann man genau so gut auch auf die Achterbahn gehen. Im schlimmsten Fall fällt man heraus – dann hatte man vorher wenigstens noch Spass. Dieses ständige Bedürfnis alles kontrollieren zu wollen, es nervt mich und behindert uns. Manchmal hätte ich gerne jemanden, der für mich entscheidet. Tagelang darüber nachzudenken, ob ich die Schuhe, die Jacke, die Tasche, den iPod, den Sattelgurt, die Bettwäsche kaufen soll – das macht mich ganz wahnsinnig. Stundenlang vor dem Regal zu stehen und sich nicht entscheiden zu können, da kann ja wirklich nichts normales mehr dran sein.

Wir stehen uns dauernd selber im Weg.
Nein.
Wir stehen uns nicht nur im Weg, wir bauen eine meterhohe, mit Stacheldraht umwickelte Betonmauer direkt vor die Füsse.

Ich weiss schon gar nicht mehr, worauf ich eigentlich hinaus wollte.
«Blöd» scheint mein aktuelles Lieblingswort zu sein. Blödblödblöd.
Das wird nichts mehr. Nicht heute.

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