Um sechs Uhr befinde ich mich in einem Zustand zwischen Wachen und Schlafen, ich bin eigentlich wach, liege mit offenen Augen da, träume aber gleichzeitig weiter irgendeinen Quatsch und kann mich nicht bewegen. Ich fühle meinen Körper, wie er schwer auf dem Futon liegt und langsam zu versinken scheint, eins wird zuerst mit der Matratze, dann mit dem Lattenrost darunter, während von oben her die Decke sich verflüssigt und mit meiner Haut verschmilzt, bis ich verschwunden bin, aufgesogen vom Leintuch, das zuunterst liegt. Während dieses Vorgangs versuche ich, herauszufinden, wie ich da denn eigentlich liege, ist mein rechter Arm hinter oder vor mir auf der Matratze positioniert? Liegen meine Beine gerade übereinander, nebeneinander? Habe ich ein Knie angewinkelt, wie meistens? Und wo ist mein linker Arm? Für einen kurzen Moment fühlt es sich an, als läge mein Kopf zwei Meter neben dem Rest, zweihundert Zentimeter neben diesem nutzlosen Haufen Fleisch und Knochen. Genau so fühlt es sich nämlich an, kurz vor dem Verflüssigen, abwechslungsweise – im Sekundentakt wechselnd– als lägen alle Glieder auf einem Haufen, dann wieder, als wären sie wild im Raum verteilt. Keinerlei Zusammengehörigkeitsgefühl ist vorhanden, ich kann ja nicht einmal sagen, wo mein Hintern sich befindet, wo meine Füsse, bewegen ist unmöglich.
Das kenne ich bereits und weiss, dass ich einfach abwarten muss, bis ich eins geworden bin mit allem, bis mein Bett mich assimiliert hat, weil dann nämlich irgendwann die Wecker klingeln, was zur Folge hat, dass ich irgendwann wach genug sein werde, um mindestens mal einen Arm aus dem Haufen zu kramen, ihn auszustrecken und den ersten Wecker auszuschalten. Wenn dann die nächsten Alarme folgen, werde ich wacher sein und mit etwas Glück kann ich nach Ausschalten des letzten Alarms einer schlabbrigen Qualle ähnlich vom Bett auf den Boden pflatschen und mich irgendwie ins Badezimmer bewegen.
Die letzten Meter zum Bus muss ich rennen, weil ich wegen des unterdessen hoch gewordenen Rapsfeldes nicht mehr bis zur Strasse sehe. Bei den nächsten beiden Stationen kommen Leute gerade erst zur Haltestelle gelaufen, als der Bus vorbei fährt – anscheinend habe ich den früheren Bus erwischt und zudem ist er pünktlich, der andere, den ich sonst immer nehme, fährt zwei Minuten später und war, wie der, in dem ich jetzt sitze, in den letzten beiden Wochen immer ein bisschen zu spät dran. Das wird jetzt so sein in den nächsten anderthalb Jahren, dass die Busse immer zwei, drei, vier Minuten zu spät sind, anderthalb Jahre lang wird um den Bahnhof herum gebaut, wir reden hier von rund 600 Metern Strasse und einer Brücke. Man hat nach dem Dorf sogar extra ein Stück Wiese asphaltiert und das Bushaltestellenschild verschoben und zwischen Dorf und Bahnhof auf der Strasse, auf der sonst eigentlich nur Zubringerdienst gestattet ist, eine Kurve entkurvt und gegrädet und ebenfalls asphaltiert, damit die Busse geradeaus fahren können. Die Bremsschwellen auf dem recht steil abfallenden letzten Stück der Strecke allerdings, die bleiben wo sie sind, und so sitze ich morgens wenn möglich ganz hinten im langen Bus und stelle mir vor, ich befände mich im Europapark auf irgendeiner Achterbahn, und grinse zufrieden vor mich hin, wenn das Hinterteil des Fahrzeugs über die Bremsschwellen hopst.
Den Bürostuhl, der seit gestern ein abgeknicktes Rad hat, repariere ich mit den Mitteln, die mir zur Verfügung stehen: Gummihammer, Schraubenzieher, eine Zange und … Klebeband. Die Kollegen schauen mir zu, als ich mich auf das «reparierte» Möbel setze und reissen Witze. Es hält.
Ich kaufe Chips in allerlei unmöglichen Geschmacksrichtungen, frage mich, wer sich die wohl ausgedacht hat.
Mit dem Torkeltier diskutiere ich darüber, ob die bunten Fässchen, die sonst unter einem Sprung, heute aber am Rand des Reitplatzes im Sand stehen, gefährlich sind. Er findet sie grauenhaft und will erst rückwärts rennen, nachher läuft er zwar vorwärts, windet sich aber jedes Mal wie ein Wurm daran vorbei.
Auf dem Heimweg kommt zum ersten Mal seit langem ein Auto vom Dorf herauf und beansprucht Vortritt, ich muss eine Vollbremsung hinlegen, aber immerhin weiss ich nun, dass die Bremsen an meinem Fahrrad, die ich letztes Jahr repariert habe, funktionieren.